Begegnungen

Tom and Folks

Freitag 16 September 2022

Bildnachweis: TIMOTHÉE CHAMBOVET

Angetrieben von ihrer Leidenschaft für Tischkultur, „gutes Essen“ und den damit verbundenen Werten des Teilens gründete Suzie Le Pennec 2019 das Keramikstudio Tom and Folks mit dem Wunsch, Gebrauchsgegenstände zu schaffen, die verbinden und fest im Alltag verankert sind. Für die bei Sessùn Alma stattfindende Ausstellung Floraison Créative hat sie eine Oversize-Salatschüssel entworfen, die ihre Vorstellung von einem „Gericht zum Teilen" versinnbildlicht.

Wann hast Du das Keramikstudio Tom and Folks gegründet? 

2019. Nach 10-jähriger Tätigkeit in der Modebranche in London und Paris, beschloss ich, eine Töpferausbildung zu machen. Ich hatte zuvor schon in meiner Freizeit viel getöpfert, was mir sehr viel Spaß machte. Bei Chanel habe ich viel mit den Stickerinnen zusammengearbeitet und ihr Können beeindruckte mich so sehr, dass ich mich ebenfalls einer Handarbeit zuwenden wollte. Da ich schon immer eine Vorliebe für schön gedeckte Tische hatte und es liebe, Gäste zu empfangen und zum Essen zu gehen, habe ich mich der Töpferei zugewandt, um schöne Gebrauchsgegenstände herzustellen.

Wie sieht Dein Atelier aus und wo befindet es sich?

Mein Atelier befindet sich im 10. Arrondissement von Paris, einem Stadtviertel, das ich besonders liebe, weil ich dort gewohnt und gelernt habe, meine ersten Töpfe auf der Töpferscheibe zu drehen. Es ist eine große Haussmann-Wohnung, die darauf wartet, renoviert zu werden. Die Decken dort haben Löcher und das Ungarische Fischgrätparkett, das ich sehr mag, ist mit Resten von Ton bedeckt.

Warum hast Du Dich dazu entschieden, ausschließlich Geschirr herzustellen? 

Ich habe mich dazu entschlossen, meine Arbeit ganz der Tischkultur zu widmen, weil ich nützliche Gegenstände schaffen möchte, die im Alltag zum Einsatz kommen. Gegenstände, die Gerichte in Szene setzen können und selbst Teil der Zubereitung eines Rezepts sind. Ich liebe schön gedeckte Tische, „gutes Essen“ und die damit verbundenen Werte des Teilens. Bei mir zu Hause achten wir sehr darauf, welche Produkte wir kaufen, woher sie kommen... und ich denke, dass man Tellern dieselbe Aufmerksamkeit schenken sollte. Lokale, handwerkliche Herstellung in kleiner Auflage. Das versuche ich umzusetzen.

Dein Geschirr erinnert an das gesprenkelte Steinzeug aus den 1970-er Jahren. Lässt Du Dich stark von dieser Zeit inspirieren?

Es ist eine meiner Inspirationsquellen, ja. Mir gefällt der Vintage- und Folk-Look dieser Zeit sehr gut: die Musik, die Kleidung, die Geisteshaltung und die Freiheit, die damals neu aufkam.

Woran erinnert Dich das rustikale Geschirr?

Mir gefällt einfach sein Stil. Es hat nichts mit Erinnerungen zu tun, da ich Bretonin bin und bei mir zu Hause eher die typischen Quimper-Teller verwendet wurden. Mir gefallen die Ästhetik, die Farben und die Harmonie, die daraus entsteht.

Du stellst Deine Glasuren selbst her: Wie kreierst und entwickelst Du Deine Farbpalette? 

Als Basis dient mir eine mattweiße oder transparente Glasur, zu der ich Oxide hinzugebe. Dann teste ich sie an meinem farbigen Steinzeug. Wenn ich alle Farbtöne habe, stelle ich eine Palette aus meinen Lieblingsfarben und entsprechend meinen Wünschen und Vorstellungen zusammen. Dabei achte ich darauf, dass alle für eine Kollektion ausgewählten Farbtöne harmonisch aufeinander abgestimmt sind.

Welcher Stellenwert kommt bei Deiner Tätigkeit der kreativen Forschung und dem Experimentieren zu?

Im Moment ein eher geringer, aber ich hätte tatsächlich gerne mehr Zeit für diese Aspekte. Wenn ich die Möglichkeit dazu habe, fertige ich einige Prototypen von Gegenständen an, die mir nützlich erscheinen und die noch nicht in der Kollektion enthalten sind. Ich suche auch nach Inspirationen, indem ich viel lese und Designausstellungen besuche. Wenn ich einen Gegenstand anfertige, denke ich vor allem daran, wie und zu welchem Anlass man ihn benutzen kann. Ich versuche immer mir Farben, Texturen und Gerichte vorzustellen, die gut zu dem Objekt passen würden.

Hast Du ein bestimmtes Ritual oder Angewohnheiten, die Deine Arbeit im Atelier bestimmen?

Einen Latte Macchiato am Morgen - ohne den komme ich nicht in die Gänge! Dann schaue ich mir meine Produktionsplanung für die Woche an, um meinen Tag entsprechend danach auszurichten. Ich überprüfe die Textur meiner Stücke und hole andere, bereits fertiggestellte Stücke aus dem Brennofen, was jedes Mal ein aufregender und zugleich magischer Moment für mich ist. Und genau diese Abläufe sind es, die ich an meinem Beruf liebe.

Für die Ausstellung Floraison Créative von Sessùn hast Du absolut freie Hand in der Gestaltung und Umsetzung Deines Beitrags. Du hast dafür eine übergroße Salatschüssel mit organisch gezeichnetem Besteck entworfen: Was wolltest Du mit diesem Stück erzählen oder erforschen?

Ich wollte eine überdimensionale Schüssel für den Alltagsgebrauch herstellen, die im Familien- oder Freundeskreis verwendet werden kann. Es ist sozusagen die lebensgroße Verkörperung meiner Vorstellung von einem „Gericht zum Teilen". Ich wollte auch aus meine Komfortzone heraustreten und anstatt wie sonst, bewusst nicht mit der Töpferscheibe arbeiten, sondern die Wulsttechnik anwenden. Diese benötigt grundsätzlich mehr Zeit: ich wollte diese Technik auch anwenden, um mir bewusst Zeit zu nehmen und um unser durchgetaktetes Leben ein wenig zu entschleunigen. So wie es ist, wenn wir zum Beispiel, mit der Familie oder mit Freunden zusammen sind.  
Die Idee für die Löffel kam mir erst später, als ich überlegte, womit sich diese Schüssel ergänzen ließe. Dieser Gegenstand hat sich mir förmlich aufgedrängt. Um die Form der Löffel zu twisten, habe ich mich von ethnischen Holzlöffeln inspirieren lassen.

Kam Dir die kreative Idee für dieses Projekt sofort? 

Ja, mir schwebte von Anfang an eine große Schüssel vor, ich wusste nicht genau, wie groß sie sein sollte, aber ich hatte wirklich Lust, mit dem Gedanken des Teilens rund um das Thema Essen zu arbeiten und die Menschen am Tisch zusammenzubringen. Das ist für mich ein ganz wesentlicher Gedanke.

Was nimmst Du aus der Erfahrung dieser freien Auftragsarbeit mit?

Es ist eine tolle Erfahrung und eine unglaubliche Chance, die Zeit und die Freiheit zu haben, kreativ zu sein. Als Keramikerin steht mir diese Zeit nicht unbedingt zur Verfügung, da ich viel Auftragsarbeiten zu erledigen habe. Sich die Zeit nehmen, nachzudenken, zeichnen, Materialien auswählen und frei von jeglichen Vorgaben ein Stück erdenken, das bei Sessùn Alma, einem unglaublichen Ort, ausgestellt wird, ist wirklich eine sehr schöne Erfahrung. Vielen Dank dafür!

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