Begegnungen

Sol Pardo

Donnerstag 1 Dezember 2022

BILDNACHWEIS : JOSEPHINE LEDDET

Eine skulpturale und verträumte Hutlinie, die natürliche Materialien, Symbolik und traditionelle Handwerkstechniken vereint und in einem kleinen Atelier in Barcelona von Hand hergestellt wird... PARDOhats wurde von der argentinischen Designerin Sol Pardo gegründet und ist ein einzigartiges Projekt, das sich an der Schnittstelle zwischen Kunst, Design und Mode bewegt. Für Sessùn hat PARDOhats ein Wandbild aus Raphia angefertigt, das unsere Verkaufsecke im Corté Inglés Diagonal in Barcelona schmückt. Derzeit arbeitet Sol Pardo an einen großformatigen Wandteppich aus Wolle und Leinen für unseren neuen Shop in Barcelona, den Sie ab diesem Winter besuchen können...

Könntest Du uns ein bisschen mehr über PARDOhats und die Entstehung dieses Projekts verraten?

PARDOhats basiert auf den drei Grundpfeilern Kunst, Design und Kunsthandwerk. Ich habe bereits seit meiner Kindheit eine enge Verbindung zur Kunst: Mein Großvater war bildender Künstler und ich belegte im Alter von 3 bis 17 Jahren Kurse an der Kunsthochschule. Da ich nebenbei auch Theater spielte, startete ich dort meine Laufbahn im Bereich Bühnen- und Kostümdesign. Das erklärt auch die enge Verbindung von PARDOhats zu Design und Kunst. 

PARDOhats entstand während meines letzten Ausbildungsjahres im Fach Bekleidungsdesign in Folge eines Studienprojekts, für das ich eine Kopfbedeckung anfertigen musste. Die Zeitschrift Harper's Bazaar wurde damals auf mein Projekt aufmerksam und bestellte daraufhin bei mir ein exklusiv für sie ausgearbeitetes Cap. Von da an begann ich, auch mit anderen Zeitschriften zusammenzuarbeiten und sammelte mit der Anfertigung verschiedener Arten von Hüten meine ersten Erfahrungen im Bereich der Hutmanufaktur.

Handwerkskunst, Design, Know-how, Traditionen... Erzähl uns etwas mehr über die Werte von PARDOhats und die Botschaften, die Du damit übermitteln willst.

Die Werte von PARDOhats sind eng mit dem handwerklichen Fertigungsprozess und dem Prinzip der Auftragsproduktion (ohne Lagerhaltung) verbunden, um Überproduktion und Umweltverschmutzung zu vermeiden. Und tatsächlich sind sie sehr stark von meinen persönlichen Werten beeinflusst.

Deine Projekte reichen vom skulpturalen Hut über den einfachen Haargummi bis hin zur künstlerisch angehauchten Baskenmütze - Wie kam es, dass Du Dich ganz auf Headwear spezialisieren wolltest? 

Als ich mit PARDOhats anfing, gab es nicht viele Hutmarken auf dem Markt. Mein Projekt hatte anfangs eine sehr künstlerische und experimentelle Ausprägung, manchmal fast zu übertrieben. Es war das Projekt einer jungen Designerin, die international bekannt werden wollte. Nachdem ich von der Zeitschrift Vogue Italia zum „Vogue Talent" gekürt worden war, verließ ich Argentinien und zog nach Spanien. Dort beschloss ich, mich fortan auf die Anfertigung von Kopfbedeckungen zu konzentrieren, dabei aber meinen Ideen und Entwürfen treu zu bleiben. Mir wurde schnell klar, dass sich die Anfertigung von Hüten allein nicht auszahlen würde und so begann ich, gleichzeitig auch Kopfschmuck herzustellen. Ich setzte mich intensiv mit den von mir selbst jeden Tag benutzten Accessoires auseinander und wurde so, ohne es zu bemerken, zu einer Haargummi-Designerin.

Welches Material magst Du besonders gerne?

Ich konnte mir einiges an Erfahrung und Wissen über pflanzliche Fasern aneignen, vor allem durch meine Arbeit als Art-Direktorin für eine andere Marke, die mit lokalen Kooperativen in Ecuador zusammenarbeitet. Ich habe mich schließlich dem Raphiabast zugewandt und mich mit der Frage befasst, wofür er verwendet wird und wie man ihn handhaben muss, um damit Objekte, Gesichter und Volumen schaffen zu können. Die Antworten darauf fand ich durch autodidaktisches Suchen und Experimentieren. Tatsächlich bietet dieses Material unendlich viele Ausdrucksmöglichkeiten. Bei PARDOhats wird also in erster Linie Raphia verarbeitet, wobei wir auch auf Filz und andere ebenso edle Materialien zurückgreifen. 

Was sind Deine Inspirationsquellen?

Meine wichtigsten Inspirationsquellen sind Filme, die Musik der 70-er Jahre, alte Fotos...

Welcher Hut von PARDOhats oder einer anderen Marke repräsentiert Dich am besten? 

Die mit den Gesichtern: Guinea und Papua. Diese beiden Hüte verkörpern zwei Wesen. Ich hatte schon immer Spaß daran, Gesichter zu entwerfen, Charaktere zu erschaffen und diese von jemandem tragen zu lassen, nicht zwingend auf dem Kopf, sondern eher wie eine Maske.

Du bist jetzt in Barcelona ansässig, stammst aber ursprünglich aus Argentinien. Welches Erbe hast Du aus Deiner Zeit in Südamerika bewahrt und wie fließt es in Deine Kreationen ein?

Die lateinamerikanische Kultur begeistert mich. Ich arbeite im Rahmen der Herstellung einiger Modelle nach wie vor mit dort ansässigen Kooperativen zusammen. Es gibt diesen argentinischen Ausspruch, den ich sehr mag: „Binde es mit einem Draht zusammen". Das bedeutet, dass man, kaputtgegangene Dinge mit dem, was man gerade zur Hand hat, so gut wie möglich reparieren soll. Als Argentinierin trage auch ich diese Energie einer unternehmerisch denkenden und handwerklich geschickten Frau in mir.

Wie kam es zu Deiner Begegnung mit Sessùn?

Meine Begegnung mit Sessùn fand auf sehr angenehme Weise statt und kam dank des Studio Cobalto zustande. Gabriel Escamez, Gründer des Studio Cobalto, ist ein Mensch, der mich sehr inspiriert und einer der besten Architekten, die ich kenne.

Für unsere neue Verkaufsecke im El Corte Inglés in Barcelona hast Du ein Wandbild aus Raphiabast entworfen, das von einem Deiner Hüte inspiriert ist. Wie bist Du auf diese Idee gekommen?

Gabriel hat mir die Gestaltung dieses Kunstwerks anvertraut und ich bin sehr froh darüber, denn es hat mir eine neue kreative Perspektive eröffnet. Die Inspiration dazu entstand durch die Kreuzung der gemeinsamen Leidenschaften von Cobalto Studio und Sessùn. Die Picasso-Teller, Gesichter, meine Hüte Papua und Guinea... All diese Inspirationen führten zu einem Wandteppich aus Jutegewebe, einem in Lateinamerika sehr bekannten und viel genutzten Material. Es wird dort insbesondere auf Kaffeeplantagen und zum Transport verschiedener Lebensmittel verwendet.

Welche handwerklichen Fertigkeiten und wie viele Arbeitsstunden waren für die Anfertigung dieses Auftrags vonnöten?

Wir haben viele Stunden daran gearbeitet! Ich hatte Glück und konnte auf die Hilfe von Emma Artiga, einer meiner rechten Hände in der Hutmanufaktur, zählen. Sie hat mich während des gesamten Entstehungsprozesses unterstützt: Mein Ziel war es, etwas mit Naturfasern zu kreieren, das den Stil von PARDOhats erkennen lässt. Es war eine sehr aufwendige Arbeit, da das von uns geschaffene Objekt aus etwa 15 Elementen besteht, die 5 verschiedenen Hüten entliehen sind.

Und noch eine abschließende Frage: Wenn Sessùn ein Hut wäre, wie würde er aussehen?

Wenn Sessùn ein Hut wäre, wäre sie der Titicaca-Hut, da er mich an eine Vase oder ein modernistisches Objekt mit organischen und soliden Formen erinnert.

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