BILDNACHWEIS : FLORIAN TOUZET
Nach einer ersten Berufserfahrung in der Modebranche, die ihre Begeisterung für die Handwerkskunst weckte, machte Johanna Solal 2018 eine Umschulung zur Köchin. Sie lernte unter anderem in den Küchen des Boulan in Bordeaux und des Dersou in Paris, wo sie ihre Technik und ihre eigene Vision der Kochkunst entwickeln konnte. Johanna Solal stellt das Prinzip des gemeinsamen Teilens in den Mittelpunkt ihrer Arbeit und vertritt eine engagierte Küche, die auf lokale Produkte setzt und sich am saisonalen Angebot der Produzenten orientiert. Für ihren, bis zum 10. Dezember 2022 angesetzten Gastaufenthalt bei Sessùn Alma stellte sie eine Karte mit einfachen und reichhaltigen Gerichten voller Finesse zusammen.
Du hast Deine Berufslaufbahn in der Modebranche gestartet, bevor Du 2018 eine Umschulung begonnen hast. Was hat Dich dazu bewogen, Chefköchin zu werden?
Meine Karriere in der Modebranche war genau vorgezeichnet und perfekt durchorganisiert. Ich habe mein Wunschstudium Textildesign absolviert und für sehr renommierte Modehäuser gearbeitet. Trotzdem verspürte ich das Bedürfnis nach Veränderung und vor allem nach Abstand. Der Wunsch, zu kochen und dadurch ein neues Ausdrucksmittel zu erforschen, wurde immer stärker. So habe ich im Rahmen einer Umschulung eine Berufsausbildung zur Köchin begonnen, ohne zu wissen, wohin mich dies letztendlich führen würde. Ich hatte nicht unbedingt vor, das Kochen zu meinem Beruf zu machen. Aber ich habe mich von den Angeboten, den Begegnungen, mitreißen lassen, die schließlich meine Erfahrung begründeten. Ich habe Gefallen an dem Stress im Service gefunden, mich für die unendliche Suche nach Geschmäckern, Farben und Texturen begeistert... Die Kreativität, die ich in meinem ursprünglichen Beruf nicht mehr ausleben konnte!
In welchen Küchen warst Du tätig und was hast Du dabei gelernt?
Zu Beginn meiner Ausbildung war ich in Bordeaux im Boulan, einem Fisch- und Austernrestaurant, und danach in Paris im Dersou. Dort habe ich viele Kochtechniken erlernt, vor allem hinsichtlich der Zubereitung von Fisch. Die Präzision der Gesten, die hohen Ansprüche einer Gourmetküche... aber auch, dem psychologischen Druck standzuhalten, dem hohen Tempo zu folgen, und die Bereitschaft, bis an die Grenzen der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit zu gehen. 2019 fand dann die entscheidende Begegnung mit Pierre Jancou statt. Er hat sein Wissen mit mir geteilt und mir dadurch geholfen, meine eigene Vision des Kochens im weiteren Sinne zu entwickeln. Er lehrte mir die Bedeutung des Teilens, die Kunst des Empfangs - die Gastronomie ist ein echter Dienstleistungsberuf. Und immer auch die Liebe zum Detail.
Welche Werte drückst Du durch Deine Küche aus?
Ich suche vor allem eine gesunde, bekömmliche Küche. Das geht unweigerlich mit der Auswahl guter Produkte einher und betrifft die gesamte Lieferkette. Das ist Teil der Verantwortung des Kochs. Der wichtigste Wert ist das Teilen, die Zusammenarbeit mit den lokalen Produzenten, um erfolgreich schmackhafte, reichhaltige und mit viel Liebe zubereitete Gerichte anbieten zu können. Die Küche, die mich am meisten anspricht, schöpft vor allem aus der Erinnerung. Wenn man kocht, erzählt man zwangsläufig eine Geschichte, seine eigene Geschichte. Ich betrachte meine Küche deshalb als familiär und nahrhaft. Nicht intellektuell, sondern eher instinktiv.
Welche Produkte verarbeitest Du am liebsten?
Ich mag die Marktküche, die keine Vorgaben kennt, die auf natürliche und naheliegende Weise für Inspirationen sorgt. Auf diese Weise entwickeln sich Rezepte weiter und gehen manchmal unerwartete Wege. Seit einiger Zeit nehme ich an Gastaufenthalten in verschiedenen Restaurants in ganz Frankreich teil. Mir gefällt es, lokale Produkte zu entdecken, mich an eine Umgebung, eine Region anzupassen. Die Schwierigkeiten und Rahmenbedingungen der Produzenten zu verstehen. Mit ihnen in Dialog zu treten, um Gerichte auszuarbeiten: ich lasse mich von ihnen und ihren Produkten inspirieren. Sehr gerne verarbeite ich auch Fisch und so ist meine Rückkehr in den Mittelmeerraum eine gute Gelegenheit, wieder daran anzuknüpfen. Auch pflanzliche Produkte inspirieren mich, da es spannend ist, seine Kochkunst mit der Einschränkung nicht dauerhafter Verfügbarkeit umzusetzen und dabei eine schärfere Sensibilität zu entwickeln.
Du hast gerade Deinen Gastaufenthalt bei Sessùn Alma begonnen - Wie hast Du Deine Speisekarte dafür zusammengestellt?
Sessùn Alma ist eine Mittagskantine, aber auch eine Boutique mit einer schönen Auswahl von Künstlern und Handwerkern. Man muss mit diesen beiden Aspekten jonglieren. Eine Mischung aus Diät- und Genussküche anbieten, die reichhaltig ist und durch Finesse und Delikatesse überzeugt. Ich habe die Speisekarte so konzipiert, dass die Gerichte klar und verständlich sind: eine einfache und reichhaltige Küche. Ein Augenmerk liegt auf den Desserts, denn Sessùn Alma ist nicht nur ein Restaurant, sondern auch ein Café, so dass die Gäste hier auch am Nachmittag eine süße Pause einlegen können.
Erzähl uns doch ein bisschen mehr über die Food-Lieferanten, mit denen Du während Deines Gastaufenthaltes zusammenarbeitest. Was ist für Dich dabei am wichtigsten?
Ich bin sehr glücklich, mit dem von Sessùn Alma ausgewählten Produzenten-Netzwerk zusammenarbeiten zu dürfen! So beispielsweise mit dem Bio-Gemüsebauer Manu von Paysan Moderne, der nach dem Konzept der Permakultur anbaut. Oder mit Christophe, der mir wunderbare, superfrische Eier liefert, aber auch mit Sébastien, der ausschließlich mit Langleinen, einer alten Fischereitechnik, fischt, um den Problemen der Überfischung und Verschmutzung des Mittelmeers entgegenzuwirken. Außerdem arbeite ich mit Audrey von der Laiterie Marseillaise, einer in derselben Straße wie Sessùn Alma gelegenen Stadtkäserei... Audrey verkauft einen Ziegenfrischkäse mit einem so reinen Geschmack, wie ihre Crème fraîche und ihr Frischkäse, den ich für die Zubereitung eines rohen Cheesecake verwende. Ich denke auch an Marianne, bei der ich das wunderbare Fleisch der Gascogne-Schweine von Jérôme Crouzet kaufe. Hört man den Ausführungen der einzelnen Produzenten zu, bekommt man erst eine Ahnung von der wahren Bedeutung des Kochberufs.
Welches Gericht oder Rezept repräsentiert Sessùn Deiner Meinung nach am besten?
Ich liebe es, mit frischem Teig zu arbeiten. Deshalb denke ich an eine zarte, mit Schafsfrischkäse aus der Laiterie Marseillaise und Zitronenabrieb gefüllte Raviole, begleitet von einer Beurre blanc mit Schalotten und Salbei.